29.06.16

[Rezi] We Stand On Guard


„We Stand On Guard“ behandelt einen Krieg, der in ca. 100 Jahren zwischen den USA und Kanada ausbrechen wird, weil in den USA die Wasservorräte zu Ende gehen und die Supermacht daraufhin kurzerhand ihren Nachbarn überfällt. Doch die endlosen Wälder bieten einigen Kanadiern Schutz – und die Möglichkeit sich nach Guerilla-Manier zu wehren. Der Klappentext verspricht Riesenroboter, Action und persönliche Schicksale.

Als der Krieg beginnt, sprengen Raketen die Wohnung, in der die kleine Amber mit ihren Eltern und ihrem Bruder lebt. Ihre Eltern werden von der Explosion zerfetzt, nur sie und ihr Bruder überleben. Zwölf Jahre später schlägt sich die tapfere junge Frau völlig auf sich allein gestellt durch die Wälder Kanadas. Als sie von einem Roboterhund angegriffen wird, kann eine kleine Gruppe von Guerilla-Kämpfern sie retten. Sie nehmen sie mit und wollen ihr die Chance geben, mit ihnen zu kämpfen. Das Treffen setzt Geschehnisse in Gang, die nicht nur das Schicksal der Gruppe, sondern das des gesamten Krieges verändern.

Ein Krieg zwischen den USA und Kanada klingt für den durchschnittlichen Europäer sicherlich nach einem weniger interessanten Thema. Auch wenn mir Riesenroboter versprochen wurden, war ich zunächst skeptisch, ob mir diese Kriegsgeschichte gefallen würde. Was ich dann aber in den Händen hielt, was anders als erwartet. Hier wird keine typische Kriegs- und Action-Geschichte erzählt. Es geht um die Personen und was sie erleben. Und wie jede auf ihre Weise versucht, sich zur Wehr zu setzen.

Schon der erste Blick weiß zu gefallen. Grafisch ist das Buch absolut gelungen. Bunte und eindringliche Bilder erzählen die spannende Geschichte. Gut eingebaut in die Handlung um Amber und den kleinen kanadischen Guerilla-Trupp, den sie im Wald trifft, werden die Hintergründe der Personen und des Krieges beleuchtet. Die wenigen Rückblicke sind kurz und pointiert, die Dialoge unterhaltsam und glaubwürdig. Auch die Action kommt nicht zu kurz. Durch die gekonnte Erzählweise erhält der Leser einen der kurzweiligsten Comics der letzten Jahre.

Wie im Klappentext versprochen wird, konzentriert sich Autor Brian K. Vaughan auf die Charaktere. Natürlich ist die Betrachtung der Figuren nicht so tief, wie man es etwa in einem Roman erwarten würde. Für eine Geschichte dieser Art ist sie aber genau richtig. Amber ist gut getroffen, genau wie ihre Mitstreiter. Ihre Gegenspielerin – die Amerikanerin, die alles daran setzt, die Gruppe zu vernichten – ist vielleicht die beste Figur der Geschichte. Es macht unglaublich Spaß sie zu hassen.

Passend dazu gestaltet sich das Ende. Alles um die Figuren wird hervorragend aufgelöst. Nur das Ende des „großen Ganzen“ hätte meiner Meinung nach besser ausfallen können. Wenn eine kleine Gruppe von Leuten in einer Actionstory einen großen Krieg beeinflussen soll, wird es manchmal etwas unglaubwürdig. Aber auch wenn ich persönlich nicht 100%ig zufrieden bin, ist die Auflösung eigentlich gut gelungen. Insgesamt bin ich jedenfalls schon lange nicht mehr so gut unterhalten worden.

Fazit: In großartigen Bildern erzählt „We Stand On Guard“ die Geschichte einer kleinen kanadischen Kämpfertruppe, die sich gegen die Übermacht der Amerikaner auflehnt, die ihr Nachbarland wegen dessen Wasserreserven überfallen hat. Der Comic ist kurzweilig, actionreich und ganz einfach hervorragend erzählt.

We Stand On Guard
Comic
Brain K. Vaughan, Steve Skroce, Matt Hollingsworth, Fonografiks
Cross Cult 2016
ISBN: 978-3-86425-836-7
144 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

[Diese Rezi wurde für den Ringboten geschrieben.]

28.06.16

[Rezi] Paul O. Williams: Die Zitadelle von Nordwall (Pelbar 1)


Der siebenteilige Pelbar-Zyklus von Paul O. Williams ist laut Verlagsankündigung ein Klassiker der Fantasy. Der Klappentext beschreibt eine Welt, die nach einem verheerenden Krieg fast vollständig vernichtet wurde und nun, Tausend Jahre später, langsam beginnt wieder aufzublühen. Hier mitten in der postatomaren Wildnis des nordamerikanischen Kontinents bedroht einer Krieg die junge Zivilisation.

Staaten gibt es nicht mehr. Stattdessen leben teils nomadische Stämme in der Wildnis. Es herrscht Spannung zwischen den Stämmen und nur ein paar abgesprochene Friedenstage im Jahr erlauben es, Handel zu treiben und voneinander zu profitieren. Das Problem ist, dass sich die Stämme gegenseitig nicht verstehen. Die Pelbar sind der fortschrittlichste Stamm der Geschichte. Sie leben in Städten und werden von einem Matriarchat regiert. Machtvolle Frauen in Führungspositionen sind ein Konzept, dass viele andere Stämme nicht verstehen. Besonders die kriegerischen Stämme unter ihnen erfüllt allein die Idee mit Angst. Und doch müssen sich die Stämme zusammenraufen, denn eine große Bedrohung kommt aus dem Norden. Ein weiterer kriegerischer Stamm hat das Schießpulver erfunden und zieht nach Süden, um die Pelbar-Städte zu erobern und die Menschen zu versklaven.

Der junge Jestak kehrt nach langer Odysee in seine Heimat zurück. Auf seinen Reisen hat er viele Stämme kennengelernt und sich ihnen angepasst. Nun bringt er sein Wissen mit nach Hause und versucht es zu verbreiten und Verständnis zwischen den Stämmen zu erreichen. Es ist nicht einfach für ihn, und doch bieten seine diplomatischen Möglichkeiten vielleicht die einzige Chance, die Eroberer aufzuhalten.

Die Zitadelle von Nordwall ist ein gelungener Abenteuerroman. Er zeichnet eine ungewöhnliche Welt und ungewohnter Tiefe. Besonders im ersten Teil, in dem Jestak immer wieder von seinen Reisen erzählt und die Stämme auf verschiedene Weise – mal beabsichtigt, mal nicht – zusammenbringt, erfährt der Leser viel von dieser Welt. Autor Williams stellt die Stämme und Kulturen immer gut dar und rückt sie ins Zentrum des Geschehens. Trotz der guten Darstellung konnte mich dieser erste Teil nicht wirklich packen. Er zog sich wie Kaugummi in die Länge. Dann jedoch nimmt der Roman an Fahrt auf, wird spannend und kurzweilig. Was zuvor langsam aufgebaut wurde, kommt schließlich in Schwung und weiß zu unterhalten.

Wie man schon an der Beschreibung der Welt erahnen kann, bietet der Roman Fantasy in einer zukünftigen Welt. Science Fiction kann man nicht erwarten, auch keine Endzeitgeschichte. Der Weltenbau steht im Mittelpunkt und die vergangene Vernichtung der bekannten Zivilisation gibt zwar den Anstoß für kommende Entwicklungen drängt sich aber ansonsten nicht in den Vordergrund.

Fazit: „Die Zitadelle von Nordwall“ ist der erste von sieben Teilen des Pelbar-Zyklus. Die Romanreihe zeichnet eine lebendige Fantasywelt in einer fernen Zukunft des amerikanischen Kontinents. Die Darstellung der Kulturen ist vorbildlich. Leider weiß der erste Teil des Buches nicht wirklich zu packen. Steht ihn das aber durch wird man schließlich mit einer spannenden Geschichte belohnt, die neugierig auf kommende Teile macht.

Die Zitadelle von Nordwall (Pelbar 1)
Roman
Paul O. Williams
Cross Cult 2016
ISBN: 978-3-86425-842-8
470 S., Broschiert, deutsch
Preis: EUR 16,00

[Dieser Rezi wurde für den Ringboten geschrieben.]

27.06.16

[Rezi] The Shaolin Cowboy - Shemp Buffet


Der Klappentext von „The Shaolin Cowboy - Shemp Buffet“ verspricht endlose Zombie-Action voller Verrücktheit. Das klingt doch eigentlich ganz nett. Was ich allerdings erhielt, überraschte mich etwas.

Was bisher geschah … Diese Worte stehen am Anfang von zwei mit mikroskopisch kleiner Schrift beschriebenen Seiten. Dort erfahren wir, dass der titelgebende Shaolin Cowboy sein Kloster verlassen musste, weil jemand, der ihm Böses wollte, Chicken Nuggets auf seine Pritsche geschmuggelt hatte. Der Cowboy kann zwar das Komplott stoppen, bei dem Hähnchenprodukte an willensschwache, eigentlich vegetarisch lebende Shaolinmönche verkauft wurden, bleibt aber dennoch ausgestoßen. Er zieht in die Welt, um sie mit seinem herausragenden Kung Fu zu verbessern. Zeit vergeht, Dinge geschehen. Sehr viel später wird er von einer riesigen Kreatur verschluckt, kann sich aber befreien, durch mehrere Höllenkreise kämpfen und schließlich wieder an die Erdoberfläche graben - verfolgt von einer Armee von Toten. Da beginnt das „Shemp Buffet“.

So absurd die Geschichte bisher klingt (ich habe viel weggelassen), so absurd wird auch der Comic, wenn auch auf völlig andere Weise. Der Cowboy erreicht die Erdoberfläche, wenig später gefolgt von den Toten. Zuerst läuft er weg, doch findet dann einen hier nicht genannten Grund (ich will nicht alles vom wenigen Inhalt verraten), um gegen die Horde anzutreten. Was folgt ist ein völlig inhaltsloses Zombiegemetzel. Panel reiht sich an Panel, in dem der Cowboy seine Kettensägen schwingt und Zombies in handliche Teile zerhackt. So etwas wie Handlung sucht man vergebens.

Man muss die Absurdität einer solchen Geschichte zu würdigen wissen, will man Spaß an dem Band haben. Die Zeichnungen sind großartig, keine Frage. Als Bildband könnte ich mir das Buch gut vorstellen, vielleicht auch als „Coffee Table Book“ oder „Conversation Starter“. Was die Geschichte angeht, forschte ich ein wenig nach, um herauszufinden, was das Ganze soll. Wenn ich das richtig verstanden habe, ist der vorliegende Band die Übersetzung von vier Einzelbänden, die 2013 bis 2014 von Dark Horse Comics herausgegeben wurden. Davor gab es sieben Einzelbände verlegt von Burlyman Entertainment (2004 bis 2007). Ich vermute, die Zusammenfassung im „Was bisher geschah …“-Text beschreibt die Handlung dieser ersten sieben Bände. Im Zuge dieser Entwicklung scheint das „Shemp Buffet“ einfach der Höhepunkt einer Aneinanderreihung von absurder Action zu sein – ein blutig roter Stinkefinger in Richtung der klassischen „Story“ von einem Autoren und Zeichner, der als Enfant Terrible der Comicszene bezeichnet wird. Ich kann hier nur raten, aber von solch einer Warte aus betrachtet funktioniert das „Shemp Buffet“ immerhin. Comic-Fans mit entsprechender Vorbildung und passenden Vorlieben werden sicherlich ihren Spaß an dem wie immer stabil produzierten Hardcoverband haben, mich lässt er allerdings Kopf kratzend zurück.

Fazit: Eigentlich liefert der Band, was er verspricht: In wirklich tollen Bildern metzelt sich der Shaolin Cowboy durch wahre Horden von Zombies. Es ist absurde Action auf die Spitze getrieben. Nur Handlung sucht man vergebens.

The Shaolin Cowbow - Shemp Buffet
Comic
Geof Darrow, Dave Stewart
Cross Cult 2016
ISBN: 978-3-86425-838-1
136 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 25,00

[Diese Rezi wurde für den Ringboten geschrieben.]

26.06.16

Was ich cool finde und was ich spiele, sind zwei verschiedene Dinge

Ich mag diese verrückten Endzeit-Mutanten-Sci-Fi-Fantasy-Roboter-Action-Rollenspiele: Gamma World, Metamorphosis Alpha und all die Ableger und Nachfolger. Als jetzt der Kickstarter von Mutant Crawl Classics ins Netz ging, bin ich sofort eingestiegen. Wenn ich nicht bereits ein Fan von Dungeon Crawl Classics wäre, hätte mich spätestens das abgefahrene, grellbunte Preudo-Retro-Cover überzeugt.

Die meisten Leute, die ich kenne, spielen lieber Fantasy, deshalb habe ich am Spieltisch nur wenig Kontakt zu dem Genre. Ich habe vor zwei oder drei Jahren Gamma World 4 ausprobiert (die Box, die von Wizards im Zuge von D&D4 veröffentlicht wurde). Ich mochte den Irrsinn und das Chaos. Ich fand die Idee toll, dass man ständig wechselnde Mutationen hat und so immer neue Fertigkeiten ausprobieren kann. (Das ist ja eine ähnliche Idee wie die Cypher aus Numenera oder The Strange. Wer nicht weiß, was das ist: Cypher sind sowas wie magische Einweggegenstände, die der Spielleiter großzügig verteilen soll, damit die Spieler immer neue Sachen zum Ausprobieren haben.) Später spielte ich ein Abenteuer für die Neuauflage von Metamorphosis Alpha. Das Abenteuer war ein gelungener kleiner Dungeon-Crawl mit Mutanten und umgebauten Motorrädern. Auch das hat Spaß gemacht.

So cool ich die ganze Sache aber finde, viel mehr als vereinzelte One-Shots würde ich wahrscheinlich nicht spielen wollen. Der Zugang ist relativ schwer, wenn einfach alles verrückt und veränderbar ist. Gamma World 4 lieferte tolle Kämpfe, aber der Hintergrund blieb künstlich, fühlte sich unecht an. Wen ich bekämpfte, war mir eigentlich egal und das Ziel, das wir verfolgten, weiß ich schon gar nicht mehr.

Es gibt eine große Diskrepant zwischen dem, was ich cool finde, wofür ich mir Bücher kaufe und was ich gern lese und dem, was ich gern spiele. Das ist ein Phänomen, das mir nicht das erste Mal auffällt. Lange Zeit dachte ich, ich würde meine Vorlieben kennen. Ich kam aus der Spielleiter-Ecke und dachte große Geschichten, tiefgehende Dramatik und detaillierte Hintergründe wären das A und O des Rollenspiels. Auch als Spieler bastelte ich Charaktere mit komplexen Geschichten und fehlerhaften Persönlichkeiten. Das war aber blanke Theorie und hatte, wie ich später zähneknirschend feststellen musste, überhaupt nichts mit dem zu tun, was ich als Spieler wirklich mochte. Das passierte mir nicht nur einmal. Später gab es andere Themen, bei denen mir es ähnlich ging. Meine anfängliche Begeisterung für Indie-Spiele ist so ein späteres Beispiel.

Diese Beobachtung hat tiefgreifende Auswirkungen auf unserer Hobby. Wenn mir das so geht, geht das anderen Leuten bestimmt auch manchmal so. Und wirklich: Wenn ich bestimmte Diskussionen verfolge und Leute beobachte, treffe ich immer wieder auf diese Diskrepanz zwischen "theoretisch gut" und "wirklich gut". Das klassische Beispiel sind vielleicht Hintergrundgeschichten für die Charaktere. Wie häufig brauchen wir die wirklich? Ich möchte alle Rollenspieler auffordern ihre eigenen Vorlieben zu hinterfragen und sich selbst am Spieltisch zu beobachten, denn die Auswirkungen mangelnder Selbsteinschätzung sind an vielen Stellen zu spüren:

  • in Testspielen von Regeln,
  • in Testspielen von Abenteuern,
  • in Feedbackrunden,
  • in Umfragen,
  • in Rezensionen.

Ganz ehrlich frage ich mich häufig nach dem Wert der aufgelisteten Punkte. Natürlich ist ein Testspiel meist etwas Gutes, wird ihm aber zu viel Beachtung geschenkt oder wird das Feedback nicht richtig gedeutet, ist es reine Zeitverschwendung. Ich habe außerdem viele Feedbackrunden gesehen, die sich Meckerrunden entwickelten und der Gruppe eher schadeten als nützten. Über Umfragen in Foren brauchen wir gar nicht zu reden ...

Wie so häufig, kann meine Beobachtung nur ein Denkanstoß sein. Was haltet ihr denn davon? Ist euch dieses Phänomen auch schon mal über den Weg gelaufen oder habt ihr es vielleicht sogar bei euch selbst beobachtet?

21.06.16

Johoho und 'ne Buddel voll Rum


Wenn ihr eure viel zu große Rollenspielsammlung verkleinern wollt, kann ich Wasser im Keller sehr empfehlen. Meine Sammlung ist jetzt nur noch halb so groß Dank einer Regenwasserüberschwemmung, die den Keller bis zur Decke auffüllte.

Aus diesem Grund bin ich auf der Suche ein paar Büchern, die ich gern ersetzen würde. Falls jemand von euch zufällig eines davon abgeben würde, wäre ich über eine Kontaktaufnahme dankbar. Wegen des Schadens kann ich gerade keine Sammlerpreise bezahlen, aber im normalen Rahmen wird man sich bestimmt einig.

Speziell suche ich zurzeit:

-- Mephisto Nr. 36
-- Schnellschüsse für Unknown Armies (einfach weil ich die Sammlung für genial halte)

In der Mephisto ist mein Abenteuer Der Turnschuhkrieg für Unknown Armies, das ich damals recht gut fand. Ich habe bereits beim Verlag angefragt. Martin Ellermeier erwies sich als sehr freundlich und mitfühlend und versucht (bisher erfolglos) eine Ausgabe zu finden. Falls einer von euch das Heft hat aber nicht verkaufen möchte, würde ich mich auch schon über einen Scan des Abenteuers sehr freuen. Ich würde ggf. bei Martin noch einmal anfragen, ob das OK ist. Der Text ist meiner, aber natürlich weder Layout noch Bilder.

Mir fallen bestimmt noch weitere Dinge ein, die ich ersetzen will.

17.06.16

Mögt ihr Karten?

Durch Zufall bin ich gerade auf eine weitere Patreon-Kampagne gestoßen, wo für handgezeichnete Karten und ein wenig anderen Kram Geld gesammelt wird. Viele (alle?) der Karten findet man später auf dem Blog des Zeichners. Die Themen sind unterschiedliche und reichen von Fantasy bis Sci-Fi. Da sind ein paar wirklich hübsche Karten dabei.

(Das Bild zeigt einen Ausschnitt der Karte "The Ghost Tree" von Miska Fredman und kann komplett auf seinem Blog bewundert werden.)

Link: Blog Adventures Beyond Space-Time

10.06.16

[Rezi] UltraQuest

„UltraQuest“ wird angekündigt als Rollenbrettspiel und als dicke Box mit schickem, old-schooligem Cover verkauft. Der Preis ist für ein Produkt, das anscheinend für Rollenspielneulinge produziert wurde, mit 42 Euro recht hoch. Doch – so viel sei vorab verraten – bedenkt man, was geboten wird, ist der Preis angemessen.

Was mag ein Rollenbrettspiel sein? Die Box enthält einiges an Material: Ein Heft mit Spielregeln (schlanke 16 Seiten), eine beidseitig bedruckte A3-Weltkarte auf stabilem Papier, ein Ereignisbuch mit 82 Seiten, Pappmarker zum Ausschneiden, ein dicker Stapel mit kleinen Charakterbögen, ausreichend Würfel und fünf Halmapöppel. Grafisch sind die Materialien hübsch aufbereitet, auch wenn sie vermutlich niemanden animieren werden, sich die Box nur wegen des Artworks zu kaufen. Zeichnungen werden sparsam aber gut platziert eingesetzt. Kleine Grafiken unterstützen das gelungene Layout mit Seitenrändern oder Symbolen neben den Überschriften. Das Cover zeigt eine typische Abenteurergruppe. Der Halbling auf der Riesenheuschrecke kann wirklich so gespielt werden.

Ein paar Schwachstellen hat das Material aber doch. Die Box ist nicht so stabil, wie ich es mir wünschen würde, funktioniert aber. Außerdem passen die Bücher passgenau hinein. Es ist kein Platz für die Finger, um die Bücher heraus zu holen, ohne die Schachtel zu kippen. Das ist der einzige Kritikpunkt, der mich ärgert. Alles andere sind Kleinigkeiten. Die Pappmarker hätte ich gern etwas dicker und vor allem vorgestanzt gehabt. Es sind nur zwei kleine Bögen, die man in überschaubarer Zeit ausschneiden kann, dennoch würde ich gern auf eine Schere verzichten. Die Cover der Hefte sind außerdem zu dünn, als dass sie vernünftig auf den anderen Materialen liegen würden.

Doch zum Spiel selbst: Kennt ihr diese einfachen, aber unterhaltsamen Computerrollenspiele, in denen man eine Figur oder Heldengruppe über eine Karte bewegt und in jedem Feld eine zufällige Begegnung abarbeiten muss? Bei den Zufallsbegegnungen stößt man irgendwann auf Questen oder kleine Dungeons und kann so etwas zielgerichteter reisen. Meist sind das Sammeln von Schätzen und der Aufstieg der Figuren die eigentlichen Ziele des Spiels. Genau so etwas, nur als Gruppenaktivität mit Würfeln und Papier, ist „UltraQuest“. Der Spieler, der zuerst 100 Punkte Ehre gesammelt hat oder einen legendären Gegenstand zum König bringt, gewinnt.
Die Regeln passen auf zehn Seiten (plus fünf Seiten mit Sonderfähigkeiten für die Charakterklassen). Jeder Spieler erschafft vier Helden. Es gibt verschiedene Charakterbögen für die zur Verfügung stehenden Rassen. Mensch, Zwerg, Elf, … sogar eine Halbente. Da merkt man, woher zumindest ein Teil der Inspiration kommt. Die Grundattribute Bewegung, Stärke, Geschick und Intelligenz sind damit schon recht gut vorgezeichnet. Dann wählt der Spieler für jede Figur eine Klasse und passt sie entsprechend an. Er errechnet auch die Fernkampf- und Nahkampfboni. Anschließend füllt er den Gruppenbogen aus, wo zum Beispiel die kombinierte Kampfkraft der Gruppe steht. Abschließend legt er die Bögen nebeneinander vor sich auf den Tisch, womit er festlegt, in welcher Reihenfolge sie umherziehen. Kämpfer sollten nach vorn.

Kämpfe sind einfach. Man würfelt ein paar W6, zählt bestimmte Kampfkraftwerte dazu und hat ein Ergebnis, das man mit dem Gegner vergleicht, der eine gleichgeartete Probe würfelt. Die Differenz ist der Schaden. Rüstung wird abgezogen und der Schaden gleichmäßig auf die Gruppe verteilt. Beim zweiten Schadenspunkt ist die Figur tot. Ein Spieler kann neue Abenteurer anwerben, wenn die alten wegsterben. Ist die Gruppe ausgelöscht, kann er mit einer neuen von vorn anfangen.

Das Spiel funktioniert so: Jeder Halmapöppel steht für eine Gruppe. Man beginnt in der Stadt und alle stellen ihre Pöppel dort auf die Karte. Ein Spieler beginnt und macht entweder eine Sonderaktion, die zu seinem Standort passt (einkaufen, verkaufen, Audienz beim König, …) oder bewegt seine Figur in eine angrenzende Region, wo er eine Begegnung hat. Dazu würfelt er 1W100. Der Spieler links von ihm hat das Ereignisbuch und schlägt bei der jeweiligen Region unter der gewürfelten Zahl nach, welche Art Begegnung die Gruppe hat. Das kann alles Mögliche sein: ein Kampf, die Gruppe findet etwas, wird überfallen o. ä. Oft ist die Begegnung mit einer kleinen Entscheidung gekoppelt („Möchtet ihr die Flasche öffnen?“). Man kann Questen finden, kann oder muss kämpfen und Ruhm und Ehre erlangen. Besonders gelungen finde ich die Dungeons, in die die Gruppe unter Umständen gehen kann. Es gibt drei Schwierigkeitsstufen. Der erste Raum wird ausgewürfelt, genau wie die folgenden, wobei der Würfelwurf abhängig von den Entscheidungen des Spielers modifiziert wird.

Das Spielprinzip ist wirklich interessant. Es gibt immer genug Entscheidungen zu treffen und die Kämpfe dürften trotz ihrer Kürze spannend sein. Die Anzahl an Begegnungen ist groß genug, dass es nicht so schnell zu Wiederholungen kommen sollte. Vermutlich eignet sich das Spielprinzip hervorragend zum Anfüttern. Der Vorleser ist ja so eine Art Spielleiter, und ich könnte mir gut vorstellen, dass die Begegnungen ausgeschmückt werden und so zu kleinen Miniabenteuern werden. Auf jeden Fall kann ein erfahrener Rollenspieler die Begegnungen entsprechend anpassen.

Fazit: Das Spielprinzip ist neu, kurzweilig und leicht zu erlernen. Jeder Spieler führt eine kleine Gruppe mit Abenteurern durch eine einfache Sandbox, um Ehre und Gold zu sammeln. Das Material ist hübsch, übersichtlich und von kleinen Einschränkungen abgesehen stabil. Es gibt massenweise Begegnungen, die ein spannendes Spielerlebnis ermöglichen sollten. Der Einstieg ist auch für Anfänger leicht, und erfahrene Rollenspieler können die Begegnungen entweder ausschmücken oder das Spiel als einfache Abwechslung spielen, wie es ist. Ich gratuliere Flying Games zu dem gelungenen Spielprinzip.

UltraQuest – Land der 1000 Abenteuer
Grundregelwerk
Markus Still
Flying Games 2016
Box mit zwei Büchern, Würfeln u. a., deutsch
Preis: 42 €

[Die Rezension wurde für den Ringboten geschrieben.]

07.06.16

Beyond the Wall eingetroffen

Ich weiß, ich bin spät dran. Da ich aber erst heute meinen stabilen Pappumschlag mit dem Spiel bekommen habe (es lag nicht am Verlag, sondern daran, dass ich nicht da war), kann ich auch erst heute Fotos zeigen.



Über den genauen Inhalt der Mappe wurde ja schon viel geschrieben. Es sind Hefte mit der Stabilität von typischen Heften. Die Cover sind entsprechend dünn und könnten den einen oder anderen Knick abbekommen. Im Gegenzug ist die Klammerheftung ideal, wenn ein Heft aufgeschlagen auf den Tisch liegen soll. Die Unterteilung in verschiedene Hefte war ein großartiger Schachzug, finde ich. So kann das Zauberbuch herumgehen, während der Spielleiter das Abenteuer vor sich liegen hat und jemand anderes eine Regel nachschlägt - nicht dass letzteres häufig nötig sein sollte.

So ganz neutral kann ich allerdings nicht sein. Zum einen sind die Verlagseigentümer Freunde von mir und zum anderen habe ich ein klein wenig beigesteuert. Im Spielleiterkapitel habe ich versucht, ein paar Old-School-Weisheiten von mir zu geben. 

Hauptgründe, sich die Mappe zuzulegen sind meiner Meinung nach folgende:
  • Einfache Regeln, die fast jeder aus seiner Jugend kennt. Sie sind sofort eingängig und begreifbar, sogar für Leute, die früher irgendwie um D&D herumgekommen sind. Die Regeln wurden an einigen Stellen modernisiert und ans Genre angepasst.
  • Charaktererschaffung mit Tabellen, die gleichzeitig den Hintergrund der Figur und ihre Umgebung gestalten. Der Spieler hat die Spannung, die der Zufall mit sich bringt, aber auch genug einige Gestaltungsmöglichkeiten. 
  • Gemeinsame Entwicklung des Heimatdorfes der Charaktere während der Charaktererschaffung. Die Gestaltung passiert quasi nebenbei.
  • Ich mag das Thema der jungen Helden, die ihr Dorf retten müssen.
  • Die Mappe ist ein schönes Sammlerobjekt - falls so etwas für euch eine Rolle spielt.
  • Spieleinstieg in kürzester Zeit. Dafür wurde es konzipiert.
  • Die Magieregeln sind toll.
  • Es gibt gleich vier Abenteuer. Drei davon kann man immer wieder spielen, weil es eher ausführliche Abenteuergeneratoren als fertige Abenteuer sind. Ja, man muss bereit sein zu improvisieren, aber es wird dem Spielleiter so einfach wie möglich gemacht.
Was man wissen sollte, damit man entscheiden kann, ob man BtW mag:
  • Old-School-Regeln. Das bedeutet, es gibt viele Freiheiten, aber der SL muss entsprechend viel spontan entscheiden. Es bedeutet auch, die Helden können relativ schnell sterben.
  • Kampf ist nicht der Mittelpunkt des Spiels, sondern eher etwas, das man versucht zu vermeiden. Zu schnell ist die Einsteigerfigur tot.
  • Die zufällige Charaktererschaffung sorgt dafür, dass man ein im Voraus entwickeltes Charakterkonzept eventuell überarbeiten muss. Am besten man verzichtet auf vorherige Vorstellungen und lässt sich von den Tabellen leiten. Die Richtung des Charakters wird durch die Auswahl des Typus bestimmt, es muss also niemand einen Magier spielen, wenn er eigentlich ein Ritter sein möchte.
  • Es wird wenig auf Balancing geachtet. Die Kreativität der Spieler steht weit über irgendwelchen Fähigkeiten, die sich auf dem Charakterbogen befinden.
Ich würde mit der Kaufentscheidung nicht zu lange warten. Ich habe gehört, dass die Auflage schon kräftig geschrumpft ist.